Inhalt
- Vom Sichtbaren zum Unsichtbaren - eine erweiterte Wahrnehmung
- Zwei Wirklichkeitsebenen - ein lebendiges Ganzes
- Übungen: grob- und feinstoffliche Wahrnehmung
- Schamanismus als Brücke zwischen beiden Ebenen
- Das Zusammenspiel – Ausgleich im schamanischen Verständnis
- Ein Blick hinter den Schleier
Vom Sichtbaren zum Unsichtbaren – eine erweiterte Wahrnehmung
Unsere Wahrnehmung richtet sich meist auf das, was greifbar ist. Wir sehen oder hören und bewerten – und nennen das „Realität“. Doch das Sichtbare ist nur die Oberfläche eines weit größeren Geschehens. Unter allem, was Form hat, schwingt eine feinstoffliche Ebene mit, die den sichtbaren Ausdruck erst möglich macht.
Wenn wir lernen, diese Ebenen nicht zu trennen, sondern als Einheit wahrzunehmen, öffnet sich ein tieferes Verstehen: Wir erkennen, dass jedes Wort, jeder Gedanke und jede Handlung eine Resonanz im Netz des Lebens auslöst und dass Bewusstsein immer Beziehung ist.
Zwei Wirklichkeitsebenen – ein lebendiges Ganzes
Im schamanischen Kosmos besteht die Welt aus zwei Wirklichkeitsebenen, die einander durchdringen und ergänzen: die
grobstoffliche und die
feinstoffliche - zwei Ausdrucksformen desselben Bewusstseins. Die eine sichtbar, fest, konkret – die andere unsichtbar, schwingend, formend. Wie Ein- und Ausatmen gehören sie zusammen.
In vielen Traditionen werden sie auch als
materielle und immaterielle Ebenen bezeichnet oder im schamanischen Sprachgebrauch als
alltägliche und nichtalltägliche Wirklichkeit. Gemeint ist immer dasselbe: das Zusammenspiel von verdichteter Energie, die zu sichtbarer Form wird und unsichtbarer – noch nicht verdichteter Energie - das alles Leben trägt und miteinander verbindet.
Das
Grobstoffliche zeigt, was sich bereits verdichtet hat. Das
Feinstoffliche ist die Ebene der Gedanken, Gefühle und Impulse, aus der Neues entsteht. Beide zusammen bilden die Wirklichkeit des Lebens – die sichtbare und die unsichtbare Seite derselben Bewegung.
Schamanische Praxis hilft uns, dieses Zusammenspiel bewusst zu erleben und den Ausgleich zwischen beiden Ebenen zu halten.
Übungen: die grob- und feinstoffliche Wirklichkeit des Lebens
Die grobstoffliche Wirklichkeit – das Sichtbare bewusst wahrnehmen
Die grobstoffliche Ebene umfasst alles, was Form angenommen: Bäume, Steine, Tiere, Menschen, Wind, Wasser, Landschaften, Klänge, Farben. Hier bewegen wir uns mit unseren Alltagssinnen - gestalten und erfahren uns selbst in Beziehung zur Welt.
Doch auch in dieser Welt sehen wir nur das, worauf unser Alltagsbewusstsein gerichtet ist. Unsere Wahrnehmung wird von kultureller Prägung, Erfahrungen und Aufmerksamkeit bestimmt.
Hier erfahren wir uns als handelnde Wesen, eingebettet in das sichtbare Gefüge des Lebens.
Schamanisches Wahrnehmen beginnt dort, wo wir
langsamer werden. Wenn wir beginnen, der Welt mit allen Sinnen zu begegnen, öffnet sich eine andere Qualität von Gegenwart – stiller, weiter, lebendiger.
Übung: Mit allen Sinnen da sein
Wähle einen Ort in der Natur – einen Baum, einen Stein, fließendes Wasser.
Atme bewusst ein und richte nacheinander deine Aufmerksamkeit auf alle Sinne:
- Sehen: Welche Farben und Formen erkennst du?
- Hören: Welche Töne, Stille oder Bewegung nimmst du wahr?
- Riechen: Welche Düfte trägt der Wind?
- Tasten: Wie fühlt sich der Boden unter deinen Füßen an?
- Fühlen: Welche Stimmung entsteht in dir?
Bleibe einen Moment in dieser Wahrnehmung. Diese einfache Übung stärkt Präsenz und Erdung – sie verbindet dich mit der grobstofflichen Wirklichkeit, ohne sie auf das Sichtbare zu reduzieren.
Die feinstoffliche Wirklichkeit – das Unsichtbare wahrnehmen
Feinstofflich bedeutet: subtil, schwingend, jenseits des Messbaren. Es ist die Ebene, in der Energie, Gedanken, Emotionen und Bewusstseinsfelder wirken. Wir spüren sie als Atmosphäre, Intuition oder als leises Wissen, das keine Begründung braucht.
Sie gestaltet, was später in der grobstofflichen Welt sichtbar wird – was eine Form annimmt. Wenn wir lernen, sie zu spüren, öffnen wir uns für ein tieferes Verständnis des Lebens.
Schamanische Wahrnehmung öffnet diesen Raum – nicht als „außersinnliche Fähigkeit“, sondern als natürliche Erweiterung unserer Aufmerksamkeit mit unseren Hellsinnen.
Übung: Fühlen, was da ist
Wähle eine Situation – ein Gespräch, einen Ort, ein Treffen. Bevor du reagierst oder handelst, spüre in dich hinein:
- Wie fühlt sich die Atmosphäre an?
- Wird dein Körper weit oder eng?
- Welche Empfindung entsteht in deinem Bauch oder Herzen?
Benennen ist hier nicht wichtig – entscheidend ist das Wahrnehmen. Mit der Zeit entsteht eine feinere Sensibilität für die energetischen Ebenen des Lebens. So lernst du, bewusst zu handeln, statt automatisch zu reagieren.
Schamanismus als Brücke zwischen beiden Ebenen
Schamanismus verbindet das Sichtbare mit dem Unsichtbaren, das Materielle mit dem Immateriellen. Er lehrt uns, auf beiden Ebenen zugleich zu leben –
geerdet in der grobstofflichen Welt,
verbunden in der feinstofflichen Welt.
Auch die schamanische Reise ist ein Weg, diese Verbindung bewusst zu erfahren. In einem veränderten Bewusstseinszustand – meist begleitet von Trommelrhythmus oder Rasselklang – öffnet sich der Zugang zur feinstofflichen Wirklichkeit.
Hier können wir mit den Kräften und Wesenheiten in Beziehung treten, die in allen Kulturen als lebendig und bewusst gelten – den Geist eines Baumes, das Krafttier, den Hüter eines Ortes oder die eigene innere Führung.
Diese Erfahrungen sind keine Flucht aus der Realität, sondern eine
Erweiterung der Wahrnehmung. Sie lassen uns die sichtbare Welt als Teil eines größeren Ganzen erkennen – und das Unsichtbare als schöpferische Quelle allen Lebens.
Das Zusammenspiel – Ausgleich im schamanischen Verständnis
Das Grobstoffliche und das Feinstoffliche sind keine Gegensätze, sondern zwei Pole einer Bewegung, die ständig Ausgleich sucht. Wenn wir in der materiellen Welt handeln, wirkt das feinstofflich nach. Wenn wir feinstofflich heilen oder bewusst Energie verändern, spiegelt sich das im Sichtbaren.
Schamanische Praxis bedeutet, diesen Ausgleich bewusst zu halten. Sie erinnert uns daran, dass
jede Handlung eine Resonanz erzeugt – und dass Heilung, Wandel und Entwicklung dort beginnen, wo Bewusstsein und Beziehung zusammenwirken.
Ein Blick hinter den Schleier
Manchmal braucht es nur einen Atemzug Stille, um den Schleier zwischen den Ebenen zu spüren. Wenn du in der Natur sitzt und wahrnimmst, wie Wind, Licht und Erde miteinander spielen, kann ein Moment entstehen, in dem du fühlst: Alles ist lebendig.
Vielleicht spürst du dann, dass der Baum nicht nur Holz ist, sondern eine Wesenheit mit eigener Kraft und Weisheit. Vielleicht erkennst du, dass auch du Teil dieses Gewebes bist – verbunden, wirkend, schöpferisch.
In solchen Momenten zeigt sich, was schamanische Wahrnehmung wirklich meint: Nicht „mehr sehen“, sondern
tiefer sehen. Nicht Neues erfinden, sondern
das Ganze wieder spüren.
Wenn du beginnst, die grob- und feinstoffliche Wirklichkeit des Lebens bewusst wahrzunehmen, verändert sich dein Blick auf die Welt. Das Sichtbare wird durchlässiger, das Unsichtbare vertrauter. Du erkennst, dass du nicht getrennt bist, sondern in jedem Moment Teil eines größeren Bewusstseinsfeldes. Schamanisch zu leben heißt, diese beiden Ebenen in Beziehung zu halten – wach, verbunden und im natürlichen Ausgleich.
Du möchtest die feinstoffliche Wahrnehmung vertiefen? Dann findest du in unserer
Schamanischen
Jahresausbildung und im
Jahreskreis-Mentoring
begleitete Räume, in denen du lernen kannst, beide Wirklichkeitsebenen bewusst zu verbinden – in dir, mit der Natur und im großen Netz des Lebens.